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Männerfantasie im Telefonbuchformat

Review | taz

Über die Neuauflage des Frauenmagazins „Die Dame“

Der Axel-Springer-Verlag legt das Magazin „Die Dame“ für die anspruchsvolle Frau wieder auf. Es bleibt, wie schon der Vorgänger, männlich geprägt.

Von dem Cover der Dame grinst eine Fotocollage von Thomas Ruff: Es ist eine überlagerte Casting-Aufnahme aus Hollywood. „Good Reason to Smile“ steht darauf. Der Fotokünstler wollte „was mit schönen Frauen machen“. Deshalb hat er die Vorderseiten von Casting-Porträts von Frauen und deren Rückseite, die mit Männerkommentaren versehen sind, übereinandergelegt. Wer diese Frauen sind, erfährt man nicht, doch sie sind schön anzusehen.

Die Dame – „das Journal für den verwöhnten Geschmack“ wurde vom Axel-Springer-Verlag im März wiederbelebt. Von 1912 bis 1943 informierte es die weibliche Avantgarde. Besonders in den Zwanzigern war sie beliebt, ihr Frauenbild elegant und extravagant. Zahlreiche Künstlerinnen haben in der Dame veröffentlicht. Mit Magazinen wie die Dame wurden Frauen langsam als Kundinnen erkannt und die Produktwerbung auf die zugespitzt. Man findet darin alles für die Konsumentin.

Der 52-jährige Werber und Kunstsammler Christian Boros stellt als neuer Herausgeber Die Dame im 19. Stockwerk des Springerhochhauses als „PDF-inkompatibles“ „superanaloges Magazin“ vor. Will heißen: ein fast 300 Seiten dickes Magazin, das mit 1,5 Kilo wie ein Telefonbuch in der Hand liegt. Und ähnlich wie die Gelben Seiten zunächst vor allem aus Werbung besteht: Den ersten redaktionellen Beitrag liest man nach 50 Seiten Hochglanzwerbung von Yves Staint Laurent bis zum Designmöbel-Hersteller Vitra.

Aber immerhin: Die redaktionelle Leitung führt die Journalistin Lena Bergmann und damit eine Frau. Ansonsten bleibt man traditionsbewusst männlich. Schon damals war Die Dame ein Magazin, das stark von Männern geprägt wurde. Weibliche Autorinnen gab es kaum, wie sich aus dem Reprint von 1929 ablesen lässt. Und auch schon damals inserierte Mercedes darin mit „Die Dame wählt Mercedes-Benz“ und der Shampoo-Hersteller Pixavon will „die Frau als Mutter“ ansprechen. Prinzessinnen, Herzoginnen, Tänzerinnen und Künstlerinnen wurden porträtiert. Vorzeigefrauen, die gerne stark sein sollten, aber dabei bitte Männern keine Konkurrenz machen.

Wie soll eine Dame sein?

Der Dame von Welt wurde vermittelt, wie man das Kartenspiel Bridge spielt, dass Puder gegen glänzende Nasen hilft und „die Etikette des Hofmädchens“ näher gebracht: Die Selbstoptimierung von Frauen in Form einer Zeitschrift war geboren. Auch wenn die alten Anzeigen so nostalgisch schön wirken, sie wollen uns erzählen, wie man als Dame sein soll.

Durch die überteuerten Luxusprodukte wirkt die Neuauflage so, als würden alternde Männer ihr gewünschtes junges Frauenbild entwerfen. Etwas von der Linie weicht das Porträt der adligen Rennfahrerin Gaby Freifrau von Oppenheim ab, sowie die Aktmodestrecke von Bela Borsodi mit einem nicht ganz perfekt gebauten Fotomodell. Die Autorinnen Ronja von Rönne und Helene Hegemann sind in ihren Textbeiträgen genau so krawallig, wie es bei einem Tischgespräch im Sternerestaurant angenehm lustig ist. Sie treffen auf die Vorstellungsrunde Frauen mit „Potenzial“, wie der zweite Artikel heißt. Prinzessinnen sind keine dabei, dafür Modedesignerinnen und Schauspielerinnen.

Die Beschreibung des Verlags, dass die Dame bisexuell sei (sie liebe Männer und Frauen), erinnert an eine männliche Lustfantasie. Die homoerotischen Jungenporträts von Martin Eder auf 18 Seiten sprechen auch weniger ein Frauenpublikum an und überhaupt wirken die Anzeigen eher so, als seien sie für Männer gemacht, die noch nach einem teuren Geschenk für ihre junge Liebhaberin suchen – oder Ausschau nach einem Beichtgeschenk für ihre Ehefrauen halten, wenn sie in der Hotellobby auf ihre Affäre warten.

Das Frauenbild, das Die Dame verkörpert, zeigt sich besonders im Interview der Stilexpertin Margit J. Mayer mit dem ehemaligen Kunstprofessor von Boros, dem 80-jährigen Bazon Brock, der uns erklärt, warum es keine Damen mehr gibt. Und er lässt uns wissen, dass die britische Premierministerin Theresas „tolle Beine“ (Achtung: Karl Lagerfeld-Zitat) hat, was sie dann doch zur Dame macht. Was ist das also für ein Frauenmagazin, in dem ein in die Jahre gekommener Mann, so über Frauen reflektiert?

Drei Sorten Papier

„Es wäre falsch, ein Magazin immer nur für die Zielgruppe der happy 30-Jährigen zu machen“, sagt Christian Boros. Genauso wenig hält er davon, sich nur auf Mode, Kunst oder Autos zu fokussieren. Seine Dame möchte vieles sein und auch ein bisschen so, wie die englischsprachige Konkurrenz Gentlewomen oder i-D. Aber vor allem unaufgeregt und stilvoll sein, das lässt sie antiquiert wirken. Vielleicht so, wie man sich eine Dame vorstellt? Women of Colour sucht man hier jedenfalls vergebens. Dafür hat die Dame schönes Papier, gleich drei verschiedene Sorten wurden verwendet von Hochglanz- bis zum matten Naturpapier.

Was damals als Frauenmagazin mit intellektuellem Anspruch gegründet wurde und in der NS-Zeit verboten, ist in der heutigen Umsetzung nicht mehr als ein elitäres Luxusmagazin, das vielleicht mehr ein Herren- als ein Damenmagazin ist.

Dieser Review wurde zuerst bei taz.die tageszeitung (2017) veröffentlicht.