arrow-right

Eine Frage der Kohle

Reportage | taz

Die Atemschutzmaske hat sich noch nicht in das Stadtbild der Metropole Mumbai gedrängt. In Indiens bevölkerungsreichster Stadt schluckt das Meer einen guten Teil der dreckigen Luft aus Auspuffgasen, In­dus­trie und Müllverbrennung.

Anders sieht es in der Hauptstadt Delhi aus. Hier werden die Proteste der Gruppe Let Me Breath (Lass mich atmen) immer lauter. Sie treffen sich an öffentlichen Orten, um ihrer Wut gegenüber den Behörden Luft zu machen – solange sie noch können. Denn im Winter steigt die Luftbelastung hier auf den „sehr ungesunden“ Wert von 400 auf dem Air Quality Index (AQI). Das entspricht dem Rauchen von über 16 Zigaretten am Tag. Zum Vergleich: In Berlin liegt dieser Wert bei 50, laut AQI eine gute Luftqualität.

Wer die faulige Luft von Delhi einmal eingeatmet hat, dem erscheinen die ehrgeizigen Klimaziele der indischen Regierung weit weg. Tatsächlich ist die Energiewende in Indien schon im Gange. Aber sie kommt zu langsam voran.

2027 soll ein Drittel des jetzigen nationalen Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Indiens Ziele sind höher als jene anderer In­dus­trie­na­tio­nen. Auf dem Papier sieht das gut aus. Doch es gebe Probleme bei der Umsetzung, sagt Kundan Pandey vom indischen Umweltmagazin Down to Earth. Denn in der Praxis hält der Staat immer noch an der Kohle als der wichtigsten Energiequelle fest.

Nur China und die USA verbrauchen mehr Energie

2019 verbraucht Indien zwar weniger Kohlestrom – wegen der gegenwärtigen Rezession. Die langfristige Tendenz ist trotzdem steigend: Bis 2024 soll eine Milliarde Tonne Kohle mehr als heute abgebaut werden. So erhofft sich das Land, unabhängiger von Importen zu werden. Das verkündete Anfang November der zuständige Minister für Kohle und Bergbau.

„Wir können uns nicht von der Kohle trennen, wir können es uns nicht leisten“, sagte auch die ehemalige Energiesekretärin Delhis Varsha Joshi. Indien steht im globalen Energieverbrauch auf Platz drei mit 5,6 Prozent, hinter China (23,6 Prozent) und den USA (16,6 Prozent).

Dabei werden in Indien viele Haushalte immer noch nicht oder nicht rund um die Uhr mit Strom versorgt. Knapp zwei Drittel des verbrauchten Stroms stammen aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe – mehr als die Hälfte davon wird mit Kohle produziert. Ein Fünftel stammt aus erneuerbaren Energien. Bis 2030 sollen 40 Prozent aus Nicht-Kohle-Quellen generiert werden. So zumindest lautet eines der Pariser Ziele Indiens. Dieses Ziel erscheint zunächst gar nicht so fern.

(…) weiterlesen auf taz.de.